Sakrales und Säkulares friedlich vereint

Der Geist ist willig…

…aber das Fleisch ist schwach. Was tun?

Dann kommt Jesus mit ihnen an ein Gut, genannt Gethsemane, und er spricht zu den Jüngern: Setzt euch hier, bis ich hingegangen bin und dort gebetet habe! Und er nahm den Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus mit und ӿ?ng an, betrübt und geängstigt zu werden. Dann spricht er zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod. Bleibt hier und wacht mit mir!
Und er ging ein wenig weiter und fiel auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber! Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. Und er kommt zu den Jüngern und findet sie schlafend; und er spricht zu Petrus: Also nicht eine Stunde konntet ihr mit mir wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach.
Wiederum, zum zweiten Mal, ging er hin und betete und sprach: Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!
Und als er kam, fand er sie wieder schlafend, denn ihre Augen waren beschwert. Und er ließ sie, ging wieder hin, betete zum dritten Mal und sprach wieder dasselbe Wort. (Matthäus 26, 36 ff)

Es scheint uns fast unbegreiflich, dass die Jünger schlafen, anstatt ihrem Meister beizustehen. Sie hatten ihn drei Jahre lang begleitet, kennen und lieben gelernt, Petrus hatte erklärt, dass Jesus der Sohn Gottes sei. Nun hatten sie von ihm gehört, dass er in den Tod gehen würde – und schliefen trotz seiner Bitte um Wachen und Gebet ein.
Vielleicht verstanden sie nicht, was sie hörten? Vielleicht hofften sie, dass es nicht so schlimm kommen würde, wie vorausgesagt?
Es gibt einen Zustand, in dem wir fast unweigerlich in den Schlaf fliehen. Ich habe solche grauenhaften Situationen selbst erlebt und kann in gewisser Weise verstehen, was den Jüngern zustieß. Manchmal ist der Schlaf die letzte Rettung vor der Verzweiflung.

Dennoch sollte dies keine Ausrede werden, das Gebet zugunsten des Schlafes einzutauschen, wenn wir durch schwierige Zeiten gehen.

Jesus fällt auf sein Angesicht – schon aus der Körperhaltung wird deutlich, dass dies kein oberflächliches „Gebet im Vorübergehen“ sein kann. Er ist betrübt und geängstigt. Es fällt ihm, dem Sohn Gottes, nicht leicht, in das bevorstehende Leiden hinein zu gehen – aber er unterwirft seinen Willen, seine Gefühle, seine Ängste dem Willen des Vaters.

Als er eine Stunde später seine Jünger aufsucht, schlafen sie. Er erklärt ihnen, warum das Gebet so wichtig ist: Damit ihr nicht in Versuchung kommt! Die Versuchung, den leichten Weg zu wählen, der aus dem Willen Gottes herausführt, die Versuchung, den Glauben zugunsten eines vermeintlichen Vorteiles aufzugeben – ihr sind auch wir ausgesetzt. Gegen die Schwäche des Fleisches, des „alten Menschen“, hilft das Gebet.

Jesus gibt es schließlich auf, seine Jünger aufzufordern, mit ihm zu wachen, aber er gibt nicht das Gebet auf, weil er weiß, dass nur aus dieser Gemeinschaft mit seinem Vater im Himmel die Kraft kommen kann, in den nächsten Stunden tatsächlich den eigenen Willen unter den Willen Gottes zu stellen.

Jesus bittet darum, dass der Kelch des Leidens an ihm vorüber gehen möge. Dies ist jedoch, wie wir wissen, nicht der Fall. Jesus weiß auch, dass dieser Wunsch nicht dem Willen des Vaters entspricht. Trotzdem spricht er die Bitte aus, die nicht erhört werden kann.

Wir können daraus lernen, dass es legitim ist, Gott auch unsere Gefühle, Ängste, Befürchtungen und Trauer zu schildern. Wir brauchen im Gebet nicht so zu tun, als ginge es uns blendend, wenn wir in Wirklichkeit verzweifeln. Genau so, wie wir mit unserer Freude und unserem Dank zu unserem himmlischen Vater kommen können, dürfen wir ihm unser Leid klagen. Er wird uns nicht ohne Stärkung, Trost und Hilfe lassen.

Jesus bezieht aus dieser Nacht im Gebet die Kraft, die er in den kommenden Stunden brauchen wird, weil das Leiden um unserer Sünde und Krankheit willen unvermeidlich ist. Wenn wir durch Leiden hindurch müssen, ist die Kraftquelle des Gebetes ein unschätzbar kostbares Geschenk.

Ein Sprichwort sagt: Not lehrt Beten. Das mag in vielen Fällen stimmen, aber es gibt auch genügend Berichte von Menschen, die wegen der Not ihren Glauben aufgegeben haben. Wer jedoch in guten Zeiten das Gespräch mit Gott pflegt und als unverzichtbar achtet, der wird auch durch Erschütterungen des Lebens ganz anders hindurch kommen als jemand, der erst dann zu beten beginnt, wenn es ihm schlecht geht.

Wenn wir weiterlesen, sind wir schließlich Zeugen der Kreuzigung.

Um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und sagte: Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27, 46)

Hatte Gott Jesus verlassen? Ja. Gott kann mit der Sünde keine Gemeinschaft haben, und in diesem Moment liegt die Sünde der Welt auf dem Messias. Dieses letzte Gebet, das Matthäus in seinem Evangelium erwähnt, dieser Schrei macht die Trennung des Sohnes Gottes von seinem Vater deutlich. Doch selbst in dieser größten Verlassenheit flieht Jesus ins Gebet.

Dass wir als Christen – anders als unser Herr in dieser Stunde – niemals in die gleiche Situation der völligen Trennung von Gott kommen werden, verspricht der auferstandene Jesus den Jüngern im letzten Vers des Matthäusevangeliums: Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters. (Matthäus 28, 20)

Er ist auch heute bei uns. Nichts hat sich daran geändert. Ob wir nun durch gute Zeiten oder durch Bedrängnis gehen: unser Gebet wird nicht ungehört verhallen.

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